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Das Tier im Film - Ein kinematografisches Bestiarium

Das Tier in Film 1: Sub Aqua Das Tier in Film 2: Hund, Katze, Maus

Das Tier in Film 3: Zoo und so

 

Es wird behauptet, der erste Vorläufer eines bewegten Bildes sei die nordspanische Höhlenzeichnung eines Wildebers, die vor ca. 32.000 Jahren entstand. Der Eber war mit acht Beinen dargestellt worden, um die fortlaufende Bewegung zu symbolisieren. Diese frühe Vorstufe des Tier- und Animationsfilms zugleich veranschaulicht die Bedeutung, die der Mensch dem Tier von Beginn an zumaß.

 

Der Mensch stammt bekanntermaßen vom Tier ab. Dieser Umstand hat einen nicht unwesentlichen Einfluss auf das Verhältnis der beiden Lebensformen zueinander. Eckpunkte dieses Verhältnisses waren und sind – aus menschlicher Sicht – einerseits die Bemühungen, sich vom Tier abzugrenzen, andererseits die Tiere zu anthropomorphisieren, ihnen menschliche Züge zu verleihen. In diesem Sinne dienten Religion und Wissenschaft ebenso als Medium wie die Kunst. Als im 19. und. 20. Jahrhundert die bildgebenden Verfahren in Wissenschaft und Kunst mechanisiert wurden, war das Tier von Anfang an auf Fotografien und im Film präsent. Heute kann man von einer Omnipräsenz des Tiers im TV und im Internet sprechen, aber auch in allen Filmgattungen ist das Tier Thema. Diese vielschichtigen und zahlreichen Darstellungen des Tieres und seines Verhältnisses zum Menschen in einem drei Blöcke umfassenden Sonderprogramm adäquat repräsentieren zu wollen, wäre vermessen. Stattdessen soll hier ein kinematografisches Bestiarium zur Anschauung gebracht werden, das sich aus dem knappen Budget, der Verfügbarkeit der Filme und den Vorlieben und Abneigungen des Programmverantwortlichen zusammensetzt. So erklärt sich manche (schmerzlich bedauerte) Auslassung.

 

Das lateinische Adjektiv ›animalis‹ bedeutet beseelt, lebendig. Das Substantiv ›Animal‹ heißt übersetzt soviel wie ›Geschöpf, Lebewesen‹, aber auch ›Tier‹, was die lange und enge evolutionäre Verbindung zwischen Menschen, Tieren und auch dem Film etymologisch sinnfällig unterstreicht. Denn wenn ein Animationsfilm entsteht, dann wird etwas beseelt, belebt, manchmal auch wiederbelebt, wie in dem Film ›Mothlight‹ von Stan Brakhage, der knapp 32.000 Jahre nach besagter Felszeichnung entstand. Im Wesentlichen besteht er aus Mottenflügeln, die zwischen perforiertem Tesafilm oder auf Blankfilm aufgeklebt wurden, außerdem anderen Insektenteilen und Blättern. Über den Umweg einer optischen Bank, auf der die einzelnen Bilder nacheinander abfotografiert werden, bringt sie der Filmemacher in der Projektion wieder in Bewegung, erweckt sie zum Leben. Dieser Filmklassiker zeigt, »was eine Motte vielleicht zwischen Geburt und Tod sehen würde, wenn schwarz weiß und weiß schwarz wäre« (Stan Brakhage). Der Akt der Wiederbelebung mittels Projektion wird künstlerisch thematisiert, und die Zuschauer fühlen sich ähnlich unwiderstehlich vom projizierten Bild angezogen wie die Motten vom Licht.

 

›Mothlight‹ ist Bestandteil des Filmblocks ›Sub/Super Aqua‹, der sich unterschiedlichen Tieren im und über Wasser genauso widmet wie in luftigen Höhen. Tierische Liebe (›Les amours de la Pieuvre‹, ›The Owl Who Married a Goose‹), Blut (›Le vampire‹), Verzweiflung, Starrsinn (›Labut‹), Tod (›Death of an Insect‹), aber auch Tierwerdung (›Taubentag‹, ›La peine du Talion‹) und Vögelschwärme in Schwarz-Weiß und Farbe (›Stare‹, ›Weltempfänger‹) sind ins Bild gesetzt.

 

Die Fähigkeit, Bilder in Bewegung zu setzen, sie dadurch zu beseelen, ist die große Kraft des Films, die allen seinen Gattungen, unabhängig von ihrer Bezeichnung, eigen ist. Während das stehende Bild oder das Foto eher in die Vergangenheit weist und Erinnerungen hervorruft, ereignet sich der Film immer jetzt, er vergegenwärtigt, reanimiert die Bilder und das, was sie zeigen. Der Film ist aber auch ein Akt der Zurichtung, indem er durch die Auswahl und Montage der Bilder jedem noch so wilden Tier den menschlichen Willen aufzwingt, so wie der Dompteur seinen Tieren mit der Dressur im Zirkus. Der Kameramann vermag die Tiere in seine Bilder zu zwängen wie der Mensch die Tiere in die Käfige des Zoos. Dort entstanden schon früh die ersten Filme von exotischen Tieren, in scheinbar natürlicher Umgebung. Ein lokales Beispiel aus Hamburg ist der Wochenschauausschnitt von 1910, der ›Kaiser Wilhelm im Tierpark Hagenbeck‹ zeigt. Etwa 50 Jahre später thematisiert Bert Haanstra in Amsterdam mit seinem Film ›Zoo‹ unter anderem das Schauen und das Angeschautwerden – bis der Zuschauer meinen könnte, er selbst wäre hinter den Gittern das Objekt des Interesses.

 

Diese und andere Filme werden in dem Programmblock ›Zoo und so‹ thematisiert, in dem es um spezielle Formen menschlich-tierischer Beziehungen geht. In einem der ersten Filme überhaupt, aus dem Wintergartenprogramm 1895 der Brüder Skladanowsky, nimmt es ›Das boxende Känguruh‹ mit einem menschlichen Kontrahenten auf. In dem wunderschön kolorierten ›La chasse à la panthère‹ von 1909 wird ein Leopard zu Tode gejagt, und ›Abattoirs‹ von Thierry Knauff hat die industrialisierte Schlachtung zum Thema. Sexuelles Begehren Würmern gegenüber (›Wormcharmer‹) findet ebenso seinen filmischen Ausdruck, wie die Zurückeroberung menschlicher Behausungen durch das Tier, eingefangen in einer 360-Grad-Kamerabewegung (›Once Upon a Time‹).

 

Der Block ›Hund, Katze, Maus‹ ist vorwiegend den prominenten Vertretern domestizierter Tierarten gewidmet. Neben der Klärung der Frage nach grundlegenden Unterschieden zwischen Hund und Katze (›Dogs and Cats‹), einer fast katzenhaften Verweigerung eines Hundes, sich als Hütehund instrumentalisieren zu lassen (›Useless Dog‹), spielen Erinnerungen (›Mechanical Memory‹) sowie große Gefühle zwischen Mensch und Katze (›Rudeboy‹) und zwischen Tieren (›Große Gefühle‹) eine Rolle. Wer wen dressiert bzw. domestiziert, dieser Frage gehen zum Beispiel die Filme ›The Poodle Trainer‹, ›Dog Duett‹ und ›Tchika‹ nach.

 

Alle ausgewählten Filme befinden sich im Spannungsfeld zwischen Nähe und Ferne, dem Fremden und Vertrauten, dem Fressen und Gefressenwerden, zwischen Furcht und Wunsch als Variationen des menschlichtierischen Gegen- und Miteinander.

 

Filmauswahl: Klaas Dierks

 

Begleitend zum Programm ›Das Tier im Film‹ zeigen wir eine Fotoausstellung von Hyeyeon Park (im Metropolis Foyer) und Alexandra Heneka.

Das Tier im Film

Internationales KurzFilmFestival Hamburg

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Seite zuletzt geändert > 20.01.2012