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Die Geschichte des 3D-Films

Donnerstag | 09.06.2011 | 20.00 Uhr | Passage Cinema

 

Gespannt wartete die Kinobranche auf den Dezember 2009. James Camerons Blockbuster ›Avatar‹ war angekündigt, mit dem sich viele Hoffnungen verbanden: Dieser Film sollte der digitalen 3D-Projektion endlich zum Durchbruch verhelfen und den Kinos eine Technik bescheren, mit der sie sich von anderen Medien deutlich abheben können. Immer wieder war der Filmstart verschoben worden, weil weltweit noch nicht genug Kinos mit der neuen Technik ausgerüstet waren und weil Cameron angekündigt hatte, dass der Film ohne 3D nicht zu sehen sein sollte. Dabei war es äußerst ungewiss, ob die Science-Fiction-Story von ›Avatar‹ es überhaupt schaffen könne, an den Erfolg von Camerons Katastrophenfilm-Melodram ›Titanic‹ auch nur annähernd heranzureichen. Für einen Mega-Erfolg an der Kinokasse ist es unabdingbar, dass sich Fan-Massen bilden, die den Film so lieben, dass sie ihn im Kino gleich mehrfach ansehen.

 

Inzwischen hat ›Avatar‹ tatsächlich alle Kassenrekorde gebrochen und ist an ›Titanic‹, dem bis dato erfolgreichsten Film aller Zeiten, vorbeigezogen. Mit seiner perfektionierten 3D-Technik ist es dem Film sogar gelungen, das Publikum 161 Minuten lang durch 3D-Brillen schauen zu lassen – bisherige 3D-Filme waren nie länger als maximal 105 Minuten gewesen, weil das Dreidimensionale die Augen übermäßig anstrengte. Aber eines ist Cameron doch nicht gelungen: Sein Film wird nicht nur in 3D gezeigt, viele Kinos zeigen ihn als normalen Film in 2D – zu hoch waren die Produktionskosten, als dass man in der Auswertung des Films auf diese Einnahmen verzichten wollte. Und natürlich funktioniert ›Avatar‹ zweidimensional genauso gut, zumal der Film auf vordergründige 3Deffekte verzichtet und auch keine 3D-Höhepunkte aufweist, von denen die Dramaturgie des Films abhängig wäre.

 

Anders als vor einiger Zeit noch spricht heute niemand mehr davon, dass künftig alle Filme in 3D gedreht würden – jetzt ist nur noch die Rede davon, dass einige besondere ›Premium-Produktionen‹, in erster Linie Animationsfilme und Special-Effects-Abenteuer, auch in 3D vermarktet werden sollen. Hoffte die Kinobranche, mit 3D eine exklusive Attraktion bieten zu können, so ist auch hier Ernüchterung eingekehrt. Schon längst hat sich das Home-Entertainment der Technik bemächtigt: Auf dem Markt erscheinen Monitore, Player und Brillensysteme, die 3D-fähig sind, und an brillenlosen 3D-Systemen fürs Heimkino wird intensiv gearbeitet. So entsteht das fürs Kino tragische Paradoxon: 3D wird sich letztlich nur dann längerfristig halten können, wenn es auch in anderen Medien vermarktet werden kann. Und damit wird das Kino wieder einmal seine Exklusivität verlieren.

 

In der Diskussion um das 3D-Kino wird immer unterschlagen, dass die Stereoskopie keineswegs eine neue Erfindung ist, sondern mindestens so alt wie die Geschichte des Kinos. Schon die Pioniere Louis Lumière, Georges Méliès und Max Skladanowsky experimentierten mit 3D, und schon in den 1930er, 1940er und 1950er Jahren gab es 3D-Filme aus Frankreich, Deutschland, Italien, der UdSSR, Ungarn, Großbritannien, den USA und Japan. Das Problem bei all den verschiedenen 3D-Wellen, die seit 1953 das Kino erfasst haben: Schnell war die Sensation erschöpft, der technische Aufwand und die Unbequemlichkeit der 3D-Brillen standen in keinem sinnvollen Verhältnis zu dem, was auf der Leinwand geboten wurde. Nur wenige Filmemacher versuchten, ausdem Dreidimensionalen eine eigene Ästhetik zu entwickeln – und gerade diesen oft nicht spektakulären Filmen war kein großer Erfolg beschieden. So wird man auch bei der jüngsten 3D-Welle abwarten müssen, inwieweit sich wirklich neue Dramaturgien und neue Ästhetiken entwickeln, die die Technik langfristig am Leben halten. Wim Wenders und Werner Herzog sind jüngst mit dokumentarischen Arbeiten in 3D in Erscheinung getreten, die die Technik auf sehr unterschiedliche Weise zu nutzen suchten – doch wie bei ›Avatar‹ ist ›Pina‹ von Wenders keineswegs exklusiv nur in 3D zu sehen, und Herzogs ›Cave Of Forgotten Dreams‹ hat erst gar keinen Verleih in Deutschland gefunden.

 

In einem zweistündigen Vortrag mit vielen Filmausschnitten in 3D wird die Geschichte des stereoskopischen Films erzählt, von den ersten Versuchen Max Skladanowskys und Louis Lumières über die zufälligen 3D-Aufnahmen von Georges Méliès und die deutschen 3D-Filmversuche bei der Olympiade 1936 in Berlin, die bahnbrechenden Filme des ›Festival of Britain‹ von 1951 und die ungarischen Plasztikus-Filme, das russische Stereokino ohne Brillen und die erste 3D-Filmwelle in Hollywood, die Sexfilme der 1960er Jahre und die asiatischen Space-Vision-Filme der 1970er Jahre bis hin zum digitalen 3D-Kino und der nachträglichen ›Dimensionalisierung‹ von 2D-Filmen. Zu sehen sind extrem rare Filmbeispiele aus den Jahren 1900 bis 2005, die in sehr unterschiedlichen Systemen hergestellt wurden, seit Jahrzehnten nicht mehr vorgeführt werden konnten und dank digitaler Aufbereitung nun zum ersten Mal wieder gesehen werden können. Erkennbar wird eine parallele Filmgeschichte, die bisher wenig Beachtung fand. Und vielleicht wird sich herauskristallisieren, dass gerade der Kurzfilm das ideale Medium für 3D sein könnte: Die Spielfilme verlieren sich leicht in Effekthascherei und schaffen es nur selten, durchgehend eine auf Raumerfahrung basierende Dramaturgie zu entwickeln. Der Vortrag wird daher neben Ausschnitten aus Spielfilmen vor allem viele Kurzfilme präsentieren, die in sehr unterschiedlichen Genres auf innovative Weise mit dem 3D experimentieren. Darunter befinden sich unbekannte Werke großer Namen wie Norman McLaren oder vergessene kleine Meisterwerke von Filmemachern, die in der einschlägigen Filmliteratur bisher keine Erwähnung finden.

 

Stefan Drößler

Die Geschichte des 3D-Films

Internationales KurzFilmFestival Hamburg

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